Affiliation:
1. Institute for Forensic Psychology and Forensic Medicine (IFPM), MSH Medical School Hamburg, Deutschland
Abstract
Zusammenfassung: In den letzten Jahren werden vermehrt familienrechtspsychologische Gutachten zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung aufgrund vermuteter pädophiler Interessen von Vätern in Auftrag gegeben. Aktuelle Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass familienrechtspsychologische Sachverständige sich in großer Anzahl für Umgangseinschränkungen bei männlichen Fürsorgeberechtigten mit pädosexuellen Interessen aussprechen. Ziel dieser Fallvignettenstudie war es daher zu untersuchen, ob familienrechtspsychologische Sachverständige das Potenzial für innerfamiliären sexuellen Missbrauch bei Menschen mit pädosexuellem Pornografiekonsum anders bewerten als bei Menschen mit sexuell sadistischem Pornografiekonsum. Dafür wurden zwei Fallvignetten erstellt, die sich lediglich hinsichtlich des paraphilen Pornografiekonsums unterschieden und randomisiert den Sachverständigen ( N = 61) zugeteilt wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Sachverständigen das Risiko für missbräuchliche Übergriffe, die Befürwortung eines (Teil–)Entzugs des Sorgerechts und das Risiko einer Kindeswohlgefährdung bei einem Vater mit pädosexuellem Pornografiekonsum als signifikant höher einschätzten. Es wird diskutiert, inwiefern diese restriktiven Einstellungen Ausdruck einer Stigmatisierung von Menschen mit pädosexuellem Interesse darstellen könnten. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse jedoch auch eine Unsicherheit hinsichtlich der qualifizierten Risikoeinschätzung von paraphilen Interessen.