Abstract
Zusammenfassung. Die Klinische Psychologie ist heute von der Verhaltenstherapie geprägt. Eine Erklärung für diese enge Verbindung liefert die These, dass die Verhaltenstherapie ein genuin psychologisches Verfahren sei: Sie stamme historisch direkt aus der Disziplin Psychologie. Als eigenes Verfahren habe sie der Psychologie die Abgrenzung zur Medizin ermöglicht, die zuvor lange den Bereich der Psychotherapie dominiert habe. Im vorliegenden Artikel soll diese These für den bundesdeutschen Raum untersucht und das Verhältnis zwischen Verhaltenstherapie und Klinischer Psychologie genauer betrachtet werden. Dazu wird eine mikrohistorische Untersuchung vorgenommen, die sich auf den Zeitraum der 1960er und 1970er Jahre des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie konzentriert. Dessen psychologische Abteilung unter Johannes Brengelmann gilt in vielen psychologiegeschichtlichen Darstellungen als grundlegend für die Entwicklung der Verhaltenstherapie ebenso wie der Klinischen Psychologie in Deutschland. Anhand von Archivmaterialien sowie Veröffentlichungen der psychologischen Abteilung rekonstruiere ich zwei verschiedene Figuren, mit denen zentrale Protagonist_innen die Beziehung der Verhaltenstherapie zur Psychologie charakterisierten: Zum einen erfolgte teilweise eine Abgrenzung zur Medizin und die Betonung einer eigenen Identität in der Psychologie. Zum anderen kam es immer wieder zu einer Annäherung der Verhaltenstherapie an die Medizin, zu der etwa die Positionierung als methodische Erneuerung der Psychiatrie, die Orientierung an medizinischen Modellen psychischer Erkrankungen und die Zusammenarbeit in der klinischen Praxis zählten. Insgesamt kann die untersuchte These für die deutsche Entwicklung in dieser Phase also nicht bestätigt werden. Vielmehr ist in Bezug auf Verhaltenstherapie von einem komplexen Verhältnis zwischen Psychologie und Medizin auszugehen, das zwischen Kooperation und Konkurrenz changierte.
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2 articles.
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