Affiliation:
1. Universität Leipzig
2. Mokpo National University, Republic of Korea
Abstract
Zusammenfassung. Die vor mehr als 100 Jahren von Clara und William Stern zur Entwicklung ihrer drei Kinder angelegten Tagebücher stellen hinsichtlich der Beobachtungsdauer und Beobachtungsbreite immer noch die umfangreichste Dokumentation des Entwicklungsgeschehens von der Geburt bis zur Pubertät dar. Im ersten Teil unseres Beitrags erläutern wir den biographischen Entstehungskontext sowie den fachlichen und kulturhistorischen Hintergrund des Tagebuchprojektes. Außerdem beschreiben wir die Standards, die sich die Sterns für die Beobachtung und Aufzeichnung der Entwicklung ihrer Kinder gesetzt hatten. Im zweiten Teil rekonstruieren wir auf der Grundlage der sorgfältigen Lektüre der Originaleintragungen die tagtägliche Praxis der Tagebuchführung. Der Vergleich von Anspruch und tatsächlicher Vorgehensweise offenbart, dass die Sterns in vielfacher Hinsicht hinter den selbst gesteckten Maßstäben zurückgeblieben sind. Er zeigt aber auch, dass in der Sekundärliteratur häufig ein idealisiertes Bild der Tagebücher verbreitet wird. Im dritten Teil demonstrieren wir am Beispiel der Neuauswertung der Tagebucheintragungen zum Als ob-Spiel (pretend play), wie ein historisches Dokument Impulse für die aktuelle Forschung geben kann.
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