Abstract
Eines dürfte wohl mit Sicherheit an der Geschichte der Kirche abzulesen sein: Eine intensive Beschäftigung mit dem, was der Apostel Paulus zu sagen hat, ist keine Arbeit im sog. Elfenbeinturm, keine esoterische und letztlich frustrierende Selbstbeschäftigungstheorie. Wo Paulus wirklich die Gelegenheit gegeben wurde, das Seine zu sagen, da kamen nicht nur die Wellen einer sogenannten akademischen Theologie in Bewegung, sondern auch immer wieder die der Kirche; und die Bewegung der Kirchengeschichte übertrug sich zuweilen sogar auf die Weltgeschichte. Und wenn ich als lutherischer Theologe auf Martin Luther verweisen darf, der ja schließlich als Professor der Exegese zu seiner reformatorischen Entdeckung kam und dies gerade dadurch, daß er sich auf den Römerbrief einließ,1 so ist es doch nur gerecht, wenn ich zugleich darauf aufmerksam mache, daß damals auch Männer der katholischen Reform ihre religiöse Kraft aus Paulus schöpften. Ich nenne hier nur den venezianischen Botschafter beim Wormser Reichstag 1521 und späteren päpstlichen Legaten beim Reichstag zu Regensburg 1541, Kardinal Contarini. Von ihm schreibt Hubert Jedin, daß sein Rechtfertigungserlebnis 1511 (!) mit Luthers Turmerlebnis vergleichbar war und daß er nach 1521 ‘aufgrund der Affinität seiner eigenen Innenentwicklung zu der Überzeugung’ gelangte, ‘daß der religiöse Quellpunkt der Heilslehre Luthers … urkatholisch war’.2 Auf dem Reichstag zu Regensburg einigten sich Katholiken und Protestanten über die Rechtfertigungslehre. Leider kam diese Einigung zu spät. Inzwischen waren andere Kontroverspunkte so dominant geworden, daß Differenzen darin eine Einigung im ‘articulus stantis et cadentis ecclesiae’ illusorisch machten.
Publisher
Cambridge University Press (CUP)
Subject
Religious studies,History
Reference81 articles.
1. Schweitzer , Mystik, 216.
2. Best , Epistles to the Thessalonians, 197
Cited by
8 articles.
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