Affiliation:
1. Westfälische Wilhelms-Universität , Lehreinheit Geschichte, Seminar für Alte Geschichte , Münster , 48143 , Germany .
Abstract
Zusammenfassung
Die Erforschung antiker Monarchien ist in den letzten Jahrzehnten durch Einbindung herrschaftssoziologischer Konzepte und Fragestellungen wesentlich bereichert worden. Das gilt insbesondere für den römischen Prinzipat, eine monarchische Herrschaftsform sui generis, die aufgrund ihrer inneren Paradoxien mit einer allein rechtlichen Perspektive nicht zu fassen ist. Während dabei bislang vor allem Umbrüche und Krisen und in verschiedener Hinsicht außergewöhnliche Principes im Fokus standen, fragt der Beitrag nach Erkenntnismöglichkeiten entsprechender Modelle für den gemeinhin als wenig beachtenswert eingeschätzten Antoninus Pius (138–161). Akzeptanz seiner – trotz stabiler Herrschaftsordnung – prekären Position musste auch ein ‚durchschnittlicher‘ Princeps wie Pius in einer aktiv zu gestaltenden Kommunikation erwerben, wodurch seine lange Herrschaftszeit erklärungsbedürftig wird. Gegen die von den Quellen nahegelegte personale Perspektive auf Pius’ Regierungsentscheidungen lässt sich zeigen, wie stark sich die herrscherliche Rolle, die sich aus den an den Princeps herangetragenen Erwartungen und Ehrungen der für seine Akzeptanz zentralen Gruppen ergab, auf scheinbar persönliche Entscheidungen auswirkte. Das gängige ‚zivile‘ Bild von Pius’ Herrschaft kann dabei mit Max Webers Konzept der charismatischen Herrschaft insofern differenziert werden, als sich auch dezidiert ‚außeralltägliche‘, in Kontrast zum Bild des civilis princeps stehende Aspekte festmachen lassen. Diese standen indes nicht – wie mitunter in der Forschung postuliert – in Opposition zu dem auch in der Zeit der ‚Adoptivkaiser‘ wirksamen dynastischen Denken.