Affiliation:
1. Universität Osnabrück , Osnabrück , 49074 , Germany .
Abstract
Zusammenfassung
Mobilität wird häufig als Bewegung zwischen konkreten Orten gefasst, geht aber zumeist mit Phasen der Immobilität einher: Verzögerungen und Wartezeiten sind ein fester Bestandteil des Reisens, der von der historischen Forschung jedoch bisher nicht näher untersucht wurde. Der vorliegende Beitrag stellt das Thema des „Wartens“ für die historische Forschung vor und lotet die Erkenntnispotenziale aus. Dafür werden in einem ersten Schritt die zahlreichen bereits existierenden soziologischen, ethnologischen und anthropologischen Studien auf zentrale Themen und Thesen ausgewertet. Auf dieser Grundlage zeigen dann drei Fallstudien auf, wie Pilger, Gesandte und Reisende des Mittelalters mit Wartezeiten konfrontiert wurden und sie in ihre Texte und Berichte einbetteten: Der fränkische Pilger Bernhard reiste zwischen 865 und 871 ins Heilige Land, wurde aber mehrfach aufgehalten, weil seine Reisedokumente nicht akzeptiert wurden. In seinem Bericht ist es ihm ein Anliegen, seinen Leserinnen und Lesern die erlittenen Verzögerungen zu erklären, vermutlich um sie für eigene Reisen mit Informationen zu versorgen. Im Jahr 968 reiste Liutprand von Cremona als Gesandter Ottos I. nach Konstantinopel und musste dort den Unmut des Hofs erleiden, der sich auch in langen Wartezeiten und in der wiederholt verzögerten Abreise zeigte. Er beklagte sich in seinem Bericht ausführlich darüber, auch um den diplomatischen Misserfolg der Reise zu rechtfertigen. Der Ulmer Dominikaner Felix Fabri schließlich unternahm 1480 eine Pilgerreise ins Heilige Land, mit der er höchst unzufrieden war, da er nach eigener Aussage zu wenig Zeit vor Ort hatte. Grund dafür waren zahlreiche Verzögerungen auf der Hinreise, die Fabri ausführlich und oft emotional beschrieb.