Affiliation:
1. Westfälische Wilhelms-Universität , Historisches Seminar , Münster , 48143 , Germany .
2. Paderborn , Germany .
Abstract
Zusammenfassung
Zeitgemäße Geschichtsforschung muss heute „transnational“ sein. In der Tat halfen seit 2001 transnationale Zugänge, den methodologischen Nationalismus zu überwinden und neue Erkenntnisse über grenzüberschreitende Akteure, Ideen und Kulturen sowie transnationale Räume zu gewinnen. Doch wie neu ist eigentlich die transnationale Geschichtsschreibung? „Weil sie frühere Werke nicht kennen, machen nachgeborene Wissenschaftler Entdeckungen, die sich als Wiederentdeckungen entpuppen“, wusste schon Robert K. Merton 1967. Für die Revolution von 1848 jedenfalls lässt sich zeigen, dass Veit Valentin 1930/31 transnationale Perspektiven bereits avant la lettre gewinnbringend berücksichtigte. Freilich setzte der demokratische Historiker in der gefährdeten Weimarer Republik andere Prioritäten. Deshalb lautete seine Botschaft, die ungeliebte Revolution sei „übernational-europäisch“ und doch, trotz Imitation, Transfer und Adaption anderer Vorbilder, auch deutsch gewesen, während die Konterrevolutionäre die „erste Internationale“ gebildet hätten. Valentin wird in der Revolutionsgeschichtsschreibung pflichtschuldig als „Klassiker“ genannt, sein voluminöser Zweibänder indes offenbar kaum studiert. Tatsächlich finden sich dort zur Verfassungs- und Kulturgeschichte der deutsch-europäischen Revolution erstaunlich viele transnationale Einsichten. Dessen ungeachtet wird das Transnationale in jüngeren Studien, die solche Vorläufer nicht kennen, als neu proklamiert und angewandt. Transnationale Geschichte ist eine Wiedergängerin im Gewand der Neuentdeckung. Aber es gibt auch Unterschiede zu 1930/31.