Affiliation:
1. Universität Bonn , Institut für Geschichtswissenschaft, Abteilung Verfassungs-, Sozial-, und Wirtschaftsgeschichte , Bonn , 53113 , Germany .
Abstract
Zusammenfassung
Im Deutschen Kaiserreich existierten um die Jahrhundertwende hohe Lohnungleichheiten. Eine kleine Gruppe von Spitzenverdienern, ein Prozent der Lohnempfänger, beanspruchte im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts fast ein Fünftel der gesamten Lohnsumme für sich. Zu dieser Gruppe gehörten auch viele Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften. Diese Lohnungleichheiten blieben den Zeitgenossen nicht verborgen und erreichten um die Jahrhundertwende den Reichstag. Dort entspann sich im Kontext der Steuerdebatten der 1900er Jahre eine Debatte um soziale Gerechtigkeit. Politiker des Zentrums und der konservativen Reichsparteien kritisierten Aufsichtsratsentschädigungen, weil diese ohne Arbeitsleistung zustande kämen. Insbesondere in den Augen der Zentrumspolitiker gefährdete dies den Zusammenhalt der Gesellschaft. Liberale Politiker verteidigten die Spitzeneinkommen dagegen, indem sie auf das Haftungsrisiko und die hohe Arbeitsbelastung der Aufsichtsräte hinwiesen. Die vor allem von der Zentrumspartei propagierte Norm der sozialen Gerechtigkeit fand Eingang in wirtschaftspolitische Maßnahmen, die auf die Beschränkung der Aufsichtsratsvergütungen abzielten. In der Praxis scheinen diese Maßnahmen jedoch keine Wirkung entfaltet zu haben. Die empirische Untersuchung der Vergütungen von Aufsichtsräten anhand eines großen Unternehmensdatensatzes zeigt, dass viele Aktiengesellschaften die beabsichtigte Vergütungsbeschränkung durch die Einführung neuer Vergütungsformen umgingen. Wertvorstellungen in Bezug auf Lohnungleichheiten beeinflussten somit durchaus politischen Gestaltungswillen, hatten aber kaum Einfluss auf die Praxis der Lohngestaltung von Spitzenmanagern.
Cited by
1 articles.
订阅此论文施引文献
订阅此论文施引文献,注册后可以免费订阅5篇论文的施引文献,订阅后可以查看论文全部施引文献