Abstract
Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden Diskussionen untersucht, die sich mit Rechtslehrer-Würdigungstexten befassen. Es geht um die, welche die „Zeit der Verstrickung“ und damit ‚Schreibtischtaten‘ (Bluttaten inklusive) im Deutschfaschismus bis 1945 in besonderer Weise behandeln. Zu der Diskussion um den einschlägigen Abschnitt in Treibers „Juristische Lebensläufe“ (1979) sind vier andere mit gleichem Thema hinzugefügt. Eine dreht sich um Luhmanns Fallrahmen für NS-Lebensläufe (1965), kritisiert von Reemtsma und Kühl. Insgesamt fünf Kommunikationszusammenhänge, auch mit nichtsoziologischen Autoren im Fokus, werden daraufhin verglichen, welches Beobachtungsinstrumentarium zu sozialen Erwartungen (speziell Norm-, Motivations-, Moral-, Person- sowie Zeittheorie) zur Kennzeichnung der Würdigungen verwendet wird. Ergebnis: Sie unterscheiden sich weniger als szientistisch (speziell: soziologistisch) zu erwarten wäre. Es wird untersucht, wie man das erklären kann. Die Hypothese wird bestätigt, dass der ‚Realitätskontakt‘ einer soziologischen Theorie es schafft, in Abstraktionen Kongruenzen von soziologischen und anderen Beobachtungsformen zu finden. Dieser Kontakt findet nicht nur mit Realitätstests (Verwendung empirischer Methodik) sondern auch mit Realitätsbezug (einer Theoriemethodik) statt, d. h. dadurch, dass man soziologische Begriffe auf Selbstabstraktionen des außersoziologischen Gegenstandsbereichs ‚aufruhen‘ lässt. Heißt das, dass Begriffe (z. B. auch solche des Rechts) in die Soziologie diffundieren? In der „Anwendungsforschung“ hat man gegenteilig die Diffusion soziologischer Erkenntnis in außersoziologische Bereiche (auch ins Recht) untersucht.
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