Abstract
Zusammenfassung
Emotionalisierung und Rationalisierung sind elementare Prozesse westlich-moderner Gesellschaften. Eindrücklich lässt sich dies anhand von Paarbeziehungen nachzeichnen, deren Transformation im Übergang in die Moderne zugleich von der Autonomisierung der emotionalen Bindungen und der Verrechtlichung dieser Bindungen gekennzeichnet ist. Die den Paarbeziehungen zugrundeliegende emotionalen Bindungen folgen einer anderen Logik als die Formalisierung des Rechts und zugleich unterliegt jede intime Beziehung rechtlichen Rahmenbedingungen. Die individuelle emotionale Vergemeinschaftung über Höchstrelevanz und Nicht-Austauschbarkeit steht der Sachlichkeit, Vertragsförmigkeit und Austauschbarkeit des Rechts gegenüber. Die Individualisierung und Deinstitutionalisierung intimer Beziehungen haben die rechtliche Normierung des Intimen nicht aufgelöst. Rechtliche Regulierungen üben nicht nur Zwang aus, sondern geben auch die Möglichkeit, intime Beziehung zu gestalten. Es obliegt den Individuen in Paarbeziehungen dieses Spannungsverhältnis von zugleich emotionaler und rechtlicher Handlungsaufforderung auszuhandeln. Die Aneignung von Recht und das Bewusstsein für dessen Effekte auf die eigene Paarrealität setzen konkretes Wissen oder Annahmen über rechtliche Regularien voraus. Im Artikel wird auf Basis der Analyse von Paarinterviews der Thematisierung von Eheverträgen durch kurz vor ihrer Eheschließung stehender Paare und der Frage nachgegangen, wie Paare die Ambiguität von emotionaler Bindung und Verrechtlichung der Beziehung verhandeln. Eheverträge stellen eine Möglichkeit dar, zwischen der bestehenden Rechtslage und der Paarrealität zu vermitteln. Anhand empirischer Beispiele werden vier zentrale Deutungsmuster von Eheverträgen beschrieben.
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