Affiliation:
1. Goethe-Universität Frankfurt Fachbereich 03 Gesellschaftswissenschaften, Institut für Politikwissenschaft Frankfurt Deutschland
2. Philipps-Universität Marburg Zentrum für Konfliktforschung Marburg Deutschland
Abstract
Zusammenfassung
Warum schließen sich so viele Bauern den Protesten an? Im Folgenden wollen wir uns der Beantwortung dieser Frage mit einem theoretischen Modell nähern. Hierfür schlagen wir eine politische Landkarte der deutschen Landwirtschaft vor, die sich zwischen vier Paradigmen aufspannt: Produktivismus, Multifunktionalismus, Nationaler Protektionismus und Marktliberalismus. Anschließend ordnen wir jenen Paradigmen spezifische Interessen zu und zeigen, wie diese sich zueinander (nicht) in Beziehung setzen lassen. Diese Interessen clustern wir anhand von fünf Idealtypen aus der Forschung zu „farming styles“: Yield Optimiser, Traditionalists, Innovators, Support Optimiser und Idealists. Anschließend zeigen wir, welche dieser Interessen von welchen bäuerlichen Gruppen repräsentiert werden und welche von den aktuellen Protesten wahrscheinlich angesprochen werden. Darauf aufbauend diskutieren wir die Gründe, warum sich ein wesentlicher Teil der deutschen Bäuer:innen von Gruppen mobilisieren lässt, die ihren Interessen widersprechen, von anderen aber nicht. Dafür führen wir die Machtverteilung, das Gelegenheitsfenster und eine Affektschranke als zentrale analytische Konzepte ein. Mit dieser Erklärung bringen wir Ansätze kritischer Agrarforschung und politischer Ökologie mit jenen der Protest- und Bewegungsforschung zusammen und theoretisieren somit die ideologische Ausrichtung und Mobilisierungskraft der Landwirtschaftsproteste, die sich nur über ein Zusammendenken von ökonomischen Faktoren, ausdifferenzierten Interessens- und Einstellungsprofilen, Machtungleichheiten und affektiven Dynamiken verstehen lassen.