Affiliation:
1. Ludwig-Maximilians-Universität München München Germany
Abstract
Zusammenfassung
In allen Kulturen finden sich Erzählungen und Bilder, die in Krisensituationen Wegweisung geben wollen. Durch die Deutung im Rahmen der kulturellen Narrative werden die persönlichen und gesellschaftspolitischen Krisen in einen größeren Kontext gestellt: Menschen erleben sich eingebunden in Menschheitserfahrungen seit Jahrtausenden. Dies entlastet, schenkt Trost, gibt ein Gefühl von Zugehörigkeit. Die Hinweise auf Bewältigung, Rettung, Befreiung – häufig in religiösen Kontexten – geben Hoffnung für die eigene Situation. Wenn Menschen unserer Gesellschaft sich heute immer weniger religiös verortet fühlen, so gewinnen die Künste als Träger dieser kulturellen Ressourcen an Bedeutung.
Für unseren westlich-abendländischen Kulturkreis sind zentrale – nicht die einzigen – Orientierungsmarken die Bibel und die mit ihr verbundenen jüdisch-christlichen Auslegungstraditionen sowie die antiken Mythen. Der Künstler Erich Schickling (1924–2012) hat seine Erfahrungen im Kontext dieser Narrative gedeutet und ikonographisch zum Ausdruck gebracht. Es begegnen uns dabei die großen politischen Krisensituationen des 20. Jahrhunderts: Krieg, Vertreibung, Heimatverlust, Neuanfang, welche ihn existenziell betroffen haben, sowie Reflexe persönlicher Krisenerfahrungen. Im Beitrag wird an ausgewählten Bildern gezeigt, welche archetypischen Motive und Gestalten dem Künstler Orientierung gaben und wie er sie künstlerisch gestaltete. Die vorausgehende Einführung in das Verständnis von Archetypen und ihrer Bedeutung in Krisensituationen sowie die abschließenden Empfehlungen sind Impulse für die die Selbstfürsorge und Begleitung von Menschen in spirituellen Krisen.