Abstract
Zusammenfassung
Humor ist ein historisch schwieriges Thema: Über was gelacht wird und in welchen Situationen, ist historisch variabel. Vielfach geht Humor mit Normtransgressionen einher, die nur deshalb nicht als anstößig wahrgenommen werden, weil in der konkreten Situation Humor erwartbar und toleriert ist – man kann hier von sozial konstruierten ‚Humorräumen‘ sprechen. Die pompa funebris im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom bildete einen solchen ‚Humorraum‘. Von der Forschung bisher kaum beachtet, finden sich hier zahlreiche karnevaleske Elemente, die einen Leichenzug zu einem durch die Stadt ziehenden Humorraum machten. Das Lachen konnte dabei nebst einer möglichen apotropäischen Funktion den ‚liminalen‘ Charakter des Rituals unterstreichen, vor allem aber diente es dazu, das Potential für Spannungen, die bei der Inszenierung aristokratischen Prestiges im an sich egalitären Raum der res publica auftreten konnten, aufzufangen. Doch gerade dadurch wurde der potentiell subversive und unkontrollierbare Charakter der pompa funebris in das Ritual selbst eingebunden und machte Leichenzüge zu einem Kristallisationspunkt potentieller Transgressionen. Dass Spott und Lachen die Leichen angesehener Aristokraten begleiteten, wirft dabei nicht nur ein neues Licht auf das an sich gut erforschte Phänomen aristokratischer Leichenfeiern im öffentlichen Raum, sondern zeigt auch die Fremdheit antiker Lachkultur.
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