Abstract
ZusammenfassungAm Beispiel des bundesweiten Bürgerrats „Deutschlands Rolle in der Welt“, der im Frühjahr 2021 online stattfand, wird untersucht, inwieweit ein dabei angewendetes Zufallsverfahren zur Rekrutierung der 169 Teilnehmenden den Kriterien eines frequentistischen Wahrscheinlichkeitsverständnisses entsprach. Der Vorzug eines solchen frequentistischen gegenüber anderen Wahrscheinlichkeitsbegriffen, die zufallsgestützten Beteiligungsverfahren häufig zugrundeliegen, besteht darin, dass sich mittels entsprechender Ziehungsprozesse und Gütekriterien die Durchführungsbedingungen und Resultate dieser Verfahren intersubjektiv und methodisch kontrolliert beurteilen lassen. Erst auf dieser Basis sind zielorientierte Weiterentwicklung solcher Verfahren möglich. Aus einer stichprobentheoretischen Perspektive zeigt sich, dass die Annahme, wonach es sich um ein Zufallsverfahren handelte, im Falle des bundesweiten Bürgerrats nicht umgesetzt wurde und damit das Postulat einer annähernd spiegelbildlichen Abbildung der Sozialstruktur der jeweiligen Grundgesamtheit durch das entsprechende Gremium empirisch nicht überprüft werden konnte. Rekurrierend auf stochastische Simulationsstudien wird dargelegt, dass sich statt bewusster Auswahlen, wie sie im Rahmen des Bürgerrats neben Zufallselementen zum Einsatz kamen, proportional geschichtete Zufallsauswahlen eignen, um sich dem spiegelbildlichen Repräsentationsideal im Rahmen zukünftiger Bürgerräte anzunähern. Darüber hinaus sollten mittels Incentivierungsstrategien politisch unterrepräsentierte Personengruppen stärker als bislang in zufallsgestützte deliberative Gremien eingebunden werden, um die Umsetzung des spiegelbildlichen Repräsentationsideals weiter zu stärken. Praktische Empfehlungen implizieren zudem eine transparente methodische Berichtlegung, detaillierte Darstellungen der methodischen und praktischen Durchführungsbedingungen des Ziehungsverfahrens sowie die Angabe von Auswahlwahrscheinlichkeiten und Responseraten im Rahmen zukünftiger Bürgerräte und anderweitiger zufallsgestützter Beteiligungsverfahren.
Funder
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
Cited by
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