Abstract
ZusammenfassungLange Zeit dominierten kognitive Zugänge die politik- und kommunikationswissenschaftliche Debattenforschung in Deutschland. Wir argumentieren in diesem Beitrag, dass Rezipienten eine Fernsehdebatte nicht nur durch ihre eigene parteipolitische Brille selektiv wahrnehmen, sondern deren emotionalen Zustände die Verarbeitung politischer Informationen, die Wahrnehmungsprozesse aber auch die politische Urteils- und Einstellungsbildung maßgeblich beeinflussen. Auf Basis von Echtzeit- und Umfragedaten von 1191 Studienteilnehmern im Rahmen einer Feldstudie zu einer TV-Debatte der Bundestagswahl 2017 zeigen wir, dass die Kandidaten unterschiedliche Emotionen unter den Rezipienten evozieren, welche sich entlang von Parteibindungen strukturieren. Zweitens wird deutlich, dass stark ausgeprägte Emotionen sowohl in der zeitlichen Dynamik als auch interindividuell zu signifikant unterschiedlichen Wahrnehmungen führen und gleichzeitig die Homogenität innerhalb emotionaler Teilgruppen erhöhen können. Dabei hat die Valenz, verstanden als Differenzierung zwischen positiven und negativen Emotionen, einen entscheidenden Einfluss auf die Echtzeitbewertungen der Kandidaten. Drittens zeigen wir, dass Emotionen die strukturellen Wirkmechanismen der Debattenrezeption auf nachgelagerte Einstellungen wie die Urteile über die Debattenleistung und die Kandidatenevaluation systematisch beeinflussen. Insgesamt finden wir empirische Evidenz dafür, dass ein einfaches duales Prozess-Modell über die Wirkung von Emotionen, welches deren Valenz in den Mittelpunkt stellt und auf einem bipolaren Kontinuum abbildet, eine hohe Konformität mit unseren Daten aufweist.
Funder
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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