1. Hans Heinz Stuckenschmidt: Adrian Leverkühn, in: Stimmen, Monatsblätter für Musik 1947/48. S. 274–278. K. Pringsheim berichtet von einer privaten schriftlichen Äußerung Stucken-schmidts, dem das Buch von Thomas Mann »auf schmerzhafte Weise ans Herz gewachsen« sei, »weil es ja überwiegend in meiner engsten Lebenssphäre sich abspielt, meine Sache schildert und rechtfertigt, die Ideen meiner Generation von Avantgarde-Musikern ausspricht.« Stuckenschmidt: »Ich bewundere die musiktheoretischen Kenntnisse Thomas Manns, seine Vertrautheit mit den intimsten Problematizitäten der neuen Musik.« (wiedergegeben bei K. Pringsheim, a.a.O. s. 89).
2. Erich Doflein: Leverkühns Inspirator. Eine Philosophie der Neuen Musik, in: Die Gegenwart, 4. Jg. 1949, Nr. 22, S. 22f. Doflein sieht durchaus Thomas Manns Abhängigkeit von Adorno. Für ihn ist es »offenkundig, daß nicht nur die musikalische, sondern auch die theologische Diskussion über Thomas Manns apokalyptischen Roman erst aus dem Studium der Schriften Adornos die stichhaltigen Argumente gewinnen wird.« (S. 23) Doflein neigt dazu, das Buch Adornos vorzuziehen und Th. Mann abzuwerten. Hier wirken seine Aussagen leicht unsachlich und verbogen, zum Beispiel wenn er sagt, Adornos Dialektik werde »zur Paralyse abgewertet«. (S. 23) Die Zuspitzung bei Adorno hat Doflein richtig gesehen: Die »Einseitigkeit« der Adornoschen Kulturkritik »liegt in der ausschließlichen Anerkennung der Linie Arnold Schönbergs. Sie wird als die einzig sinnvolle Entwicklung der Musik gesehen — und dennoch in der Tragik ihrer gesteigerten Emanzipation analysiert« (S.22).
3. Hans Engel: Musik der Krise, Krise der Musik oder Dr. Faustus. Zu Thomas Manns Roman, in: Neue Musikzeitschrift, 3. Jg. Nr. 1, München 1949. S. 336–342. H.Engel billigt ausdrücklich die scharfen Erklärungen Schönbergs gegen den Roman (S. 338). Er versucht, dem Dichter Oberflächlichkeit und Dilettantismus nachzuweisen und sucht einige Einzelheiten heraus, bei denen er die laienhafte Ausdrucksweise beanstandet: »Leider ist denn auch das Technisch-Musikalische dürftig ausgefallen! Nichtmusiker werden in einem Roman so viele Exkurse über Theorie langweilen, Musiker werden die peinlich dilettantische Ausdrucksweise bedauern. Auch wo diese Ausdrucksweise nicht direkt falsch ist, ist sie oft schief…« (339). Schon in dieser Behauptung zeigt sich der für Engels Kritik typische Hang zum Generalisieren. Dabei wird er leicht unsachlich und geht über das erträgliche Maß hinaus, wenn er — in literarischen Dingen nun seinerseits ein Dilettant — zu so unüberlegten und unbegründeten Behauptungen kommt wie: »Ein Unterton der Ironie klingt durch das Werk, ohne daß dadurch eine wirkliche Überlegenheit über Mensch und Dinge offenbar würde.« (338) Oder: »wahrhaft ergreifen vermag weder Figur noch Schicksal« (338). Engel ist vom eigentlichen überpersönlich-persönlichen Problem des Buches nicht ergriffen, weil er es im Grunde gar nicht begriffen hat.
4. Theodor W. Adorno: Philosophie der neuen Musik, Tübingen 1949 (= A), S. III.
5. Thomas Mann: Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde, Frankfurt/M 1948 (= DrF), S. 303. Die zitierte Ausgabe des Romans stellt die endgültige Fassung dar. Gegenüber der Stockholmer Ausgabe des Bermann-Fischer-Verlags von 1947 ist sie unwesentlich gekürzt. Die Kürzungen betreffen vornehmlich musiktheoretische Einzelheiten. Die 28 nur in der Stockholmer Ausgabe enthaltenen, später getilgten Textstücke wurden vom Verfasser beim Vergleich mit berücksichtigt.