Abstract
ZusammenfassungDer Beitrag reflektiert die Relevanz der Korpushermeneutik in der frühen und mittleren Phase linguistischer Studien anhand von Beispielanalysen zur Zeit(lichkeit) in Text- und Redesammlungen verschiedener Fach- und Wissensdomänen. Wenn Linguisti:innen ihre Fragestellung entwickeln, die Datengrundlage reflektieren und Korpora erstellen, so sind in dieser frühen Phase ebenso korpushermeneutische Fragestellungen von Relevanz wie in der mittleren Phase, in der üblicherweise automatisch und/oder manuell annotiert wird, Analysetools getestet und ausprobiert und erste Pilotstudien durchgeführt werden. Das Konzept der Korpushermeneutik soll dafür sensibilisieren, dass das Korpus als objektivierbare Größe zwar Daten enthält bzw. diesem Daten in iterativen Annotationsverfahren zugeordnet werden können, die sich wiederum in Hinblick auf ihre Frequenz und Distribution messen lassen. Zu einem wesentlichen Teil kann diesem Korpus, seinem Aufbau, seiner Aufbereitung und seiner Analyse zwischen Einzelbeleg und Musterbildung aber nur hermeneutisch im Sinne eines Verstehens- und Interpretationsprozesse begegnet werden. In dem Beitrag wird die These vertreten, dass Verstehen und Interpretieren miteinander verwoben sind und nicht nur für qualitative Analyseschritte relevant sind. Quantitative, also beispielsweise frequenz- und distributionsorientierte Korpusauswertung ist nicht ausschließlich von Mess- und Rechenverfahren geprägt, sondern mit Prozessen des Verstehens und Interpretierens verbunden. Wir interpretieren unsere korpuslinguistischen Daten ebenso, wie Texte und Reden. Mensch und Maschine interagieren in eng verzahnter Weise, bei der ein hermeneutisch sensibler Umgang gefragt ist.
Funder
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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