Abstract
ZusammenfassungVersorgungsengpässe in der ambulanten Psychotherapie haben in den letzten Jahren zu diversen Gesetzesinitiativen geführt. Eine davon war die Einführung von diagnosespezifischen Behandlungskontingenten. Ausgehend von diesem gesundheitspolitischen Vorhaben fragten wir uns, inwiefern empirische Daten für oder gegen eine solche Praxis sprechen, das heißt, wie „homogen“ Patient:innen mit derselben ICD-10-Diagnose aus psychodynamischer Sicht sind. Mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse wurden 13 Berichte von Patient:innen mit der Erstdiagnose F33.1 (Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode) ausgewertet, die im Rahmen des Gutachtenverfahrens geprüft wurden. Zusätzlich schätzten wir das generelle Funktionsniveau ein und verglichen die Reife der Abwehr mit dem Vorliegen komorbider psychischer Diagnosen. Es wurden 56 Seiten Textmaterial analysiert. Wir identifizierten 4 Konflikttypen (Selbstwert, Nähe-Distanz, Unterwerfung, Schuld) sowie strukturelle Beeinträchtigungen in 4 Bereichen (Selbst- und Objektwahrnehmung, Selbstregulierung, Bindung und Identität), bei Vorliegen verschiedener Therapieziele und Interaktionsformen. Die Abwehr bewegte sich auf unreifem bis neurotischen Niveau, was nicht im Zusammenhang mit dem Vorliegen komorbider Diagnosen stand. Das Funktionsniveau ließ auf ein breites Spektrum genereller Beeinträchtigung schließen. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Depressionen vielfältige psychodynamische Hintergründe haben. Dies steht im Widerspruch zu der Idee einer Zuordnung von ICD-10-Diagnose und Behandlungskontingent.
Funder
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
Subject
Psychiatry and Mental health,Clinical Psychology
Reference31 articles.
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Cited by
1 articles.
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