Author:
Neitsch Jana,Niebuhr Oliver
Abstract
ZusammenfassungDass Hassrede (hate speech) zunehmend als Problem gilt, geht nicht allein auf ein steigendes Vorkommen zurück, sondern auch auf eine erhöhte Sensibilität für dieses Thema. Da die sprachliche Struktur von Hassrede sehr vielfältig und ihre Wahrnehmung sehr komplex ist, rückt ihre Erforschung zudem verstärkt in den Fokus der Linguistik und der Prosodieforschung. In unserem Beitrag fassen wir die Untersuchung unterschiedlicher geschriebener und gesprochener Hassredetypen im Deutschen über die letzten drei Jahre zusammen. Wir zeigen, dass geschriebene Hassrede anders wahrgenommen wird, sobald man sie laut ausspricht. Dabei werden lexikalisch vormarkierte Typen von Hassrede, etwa Imperative oder solche mit Holocaust-Bezug, in ihrer negativen Wirkung verstärkt, während Hassrede, die auf stimmlichen Faktoren basiert, wie Ironie oder rhetorische Fragen, an negativer Wirkung verliert. Wir zeigen außerdem, wie sich diese Urteile in menschlichen Biosignalen wiederfinden, z. B. in EEG-Messungen zu Stress und Emotionen im präfrontalen Kortex. In diesem Zusammenhang beschreibt der Beitrag auch ein neues EEG-Experiment, das die Rolle des sozialen Kontextes auf die Wirkung von Hassrede untersucht. Unsere Ergebnisse zeigen ein höheres EEG-Stresslevel, wenn Rezipienten alleine mit Hassrede konfrontiert sind im Vergleich zur Hassrede-Konfrontation in Gesellschaft eines bekannten Menschen. Abschließend leitet der Beitrag aus allen Ergebnissen Ansatzpunkte für den praktischen Umgang mit Hassrede und deren weitere Erforschung ab.
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
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