Author:
Sielaff Mareike,Wilke Felix
Abstract
ZusammenfassungGrundsicherungsleistungen sollen ein menschenwürdiges Existenzminimum sicherstellen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Doch viele Anspruchsberechtigte verzichten auf ihre Leistungen. Der Beitrag untersucht das Phänomen der Nichtinanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen und fragt nach den Implikationen der Bürgergeld-Reform. Mithilfe eines qualitativen Studiendesigns wird die Perspektive der Verzichtenden rekonstruiert und aufgezeigt, dass es verschiedene Strategien gibt, um ohne Grundsicherungsleistungen den Alltag zu bewältigen. Das Ziel ist es, die subjektiven Deutungen und alltagsweltlichen Logiken hinter der Nichtinanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen zu verstehen. Aus den im Jahr 2022 geführten episodischen Interviews im Raum Thüringen wurden vier Idealtypen der Nichtinanspruchnahme entwickelt. Im Ergebnis lässt sich die Nichtinanspruchnahme als Möglichkeit der Bewahrung von Vorläufigkeit, der Abkehr von Normalitätsvorstellungen im Zusammenhang mit Autonomiebestrebungen, der Entlastung von bürokratischen Hürden und der Abgrenzung von einem stigmatisierendem System rekonstruieren. Die subjektzentrierte Perspektive lässt vermuten, dass die Neuerungen des Bürgergeldes nur wenig am Inanspruchnahmeverhalten ändern.
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden