1. Das Vorhandensein einer Bedürftigkeitsprüfung betrachtet Esping-Andersen (1990: 49) neben der erforderlichen Beitragsdauer oder notwendigen Berufserfahrung als dritten Aspekt der „prohibitiveness of conditions of eligibility“. In seiner Operationalisierung (ebd.: 54) berücksichtigt er das Vorhandensein einer Bedürftigkeitsprüfung als Aspekt des prinzipiellen Zugangs zu einer Leistung und erläutert dies am Beispiel bedürftigkeitsgeprüfter Renten in Australien. Theoretisch sind diese Renten für 100% der Bevölkerung zugänglich, aufgrund der bestehenden Bedürftigkeitsprüfung ist dieser Zugang aber eingeschränkt. Esping-Andersen halbiert daher in diesem Fall den Grad der Abdeckung. Neben der „prohibitiveness“ berücksichtigt Esping-Andersen weiter die Stärke von „in-built disincentives“ (ebd.: 49), womit Wartedauern bis zum Bezug einer Leistung und die maximale Dauer der Inanspruchnahme gemeint sind.
2. In einem Teil der Literatur wird auch zwischen mehreren ‚Fallen’ unterschieden, nämlich der Niedriglohnfalle, der Inaktivitäts falle und der Arbeitslosigkeitsfalle (vgl. OECD 2005: 129). Mit Niedriglohn falle ist die Situation von Erwerbstätigen mit niedrigem Einkommen gemeint, fur die es sich ökonomisch betrachtet nur in geringem Maße lohnt, ihr Erwerbseinkommen auszuweiten, da hinzukommendes Einkommen durch höhere Steuern, Sozialabgaben und wegfallende Transfers teilweise oder ganz aufgebraucht wird. Mit Arbeitslosigkeitsfalle bzw. Inaktivitäts falle ist derselbe Vorgang bei Betrachtung von Übergängen aus Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit gemeint. In der konkreten Betrachtung der Ausgestaltung von Transfer-und Steuersystemen macht diese Unterscheidung Sinn, da fur die drei betrachteten Gruppen prinzipiell sehr unterschiedliche Bedingungen herrschen können (hierauf wird noch näher in Abschnitt 3.6 eingegangen). Hier wird aber der Begriff Armutsfalle als Oberbegriff für diese unterschiedlichen Konstellationen verwendet.
3. Esping-Andersen macht jedoch auch deutlich, dass Dekommodifizierung nicht auf die Verringerung von Erwerbstätigkeit angelegt sein kann. Dies wird vor allem bei der Beschreibung des sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaatsregimes deutlich: „Perhaps the most salient characteristic of the social democratic regime is its fusion of welfare and work. It is at once genuinely committed to a full-employment guarantee, and entirely dependent on its attainment. On the one side, the right to work has equal status to the right of income protection. On the other side, the enormous costs of maintaining a solidaristic, universalistic, and de-commodifiymg welfare system means that it must minimize social problems and maximize revenue income. This is obviously best done with most people working, and the fewest possibly living off of social transfers“ (Esping-Andersen 1990: 28). Em Weg, diesen Widerspruch zu bewältigen, ist die Förderung der öffentlichen Arbeitsnachfrage, z.B. im Bereich sozialer Dienstleistungen, die gleichzeitig durch die öffentliche Bereitstellung von Kinderbetreuung und Pflege von älteren Menschen Erwerbsrestriktionen insbesondere von Frauen mildern und so wieder ein hohes Niveau an Erwerbstätigkeit sichern. Allerdings ist auch Esping-Andersen pessimistisch, was die derzeitige Vereinbarkeit von Vollerwerbstätigkeit und wirtschaftlichem Wachstum angeht (vgl. Esping-Andersen 1990: 164, 1999).
4. Hierzu sind auch Erwerbsunfähigkeitsrenten zu rechnen, deren potenzieller Kreis von Anspruchsbe-rechtigten häufig nicht eindeutig abgegrenzt werden kann und die u.a. in südeuropäischen Ländern als funktionales Äquivalent für ein nicht ausreichendes System der Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung diskutiert werden (vgl. Ferrera 1996, Trifiletti 1999, Schmidt/Sevak 2004).
5. Esping-Andersen (1999: 51) verweist dagegen auf Saraceno (1997), die wiederum McLaughlin und Glendinning (1994) zitiert.