Frühe digitale Poesie

Author:

Bernhart Toni,Richter Sandra

Abstract

ZusammenfassungDie Idee, Poesie maschinell zu generieren, ist so alt wie die Maschinen selbst. Sie lässt sich seit dem Mittelalter beobachten und setzt sich fort bis in die Gegenwart, in der Storytelling-Experimente Algorithmen zur natürlichsprachigen Textgenerierung (NLG) nutzen. Die weltweit ersten Versuche, Poesie digital herzustellen, gelangen in den 1950er Jahren den Mathematikern Christopher Strachey (1916–1975) in Manchester und Theo Lutz (1932–2010) in Stuttgart. Durch zufallsmäßige Auswahl passfähiger Wörter und Sätze erzeugte Strachey 1952 auf einer Ferranti Mark I kurze Liebesbriefe. Dazu verwendete er das Programmierhandbuch von Alan Turing (1912–1954). Daneben schrieb Strachey Programme für das Dame-Spiel und zur computationellen Erzeugung von Musik. Lutz stellte 1959 mithilfe eines Programms im Freiburger Code auf einer Zuse Z 22 seine Stochastischen Texte her, wofür er Wortmaterial aus Franz Kafkas Roman Das Schloss (1926) verwendete und wobei er mit dem Philosophen Max Bense (1910–1990) und dem späteren Informatik-Pionier Rul Gunzenhäuser (1933–2018) kooperierte. Weil Lutz’ Arbeitsunterlagen nahezu vollständig erhalten und im Deutschen Literaturarchiv Marbach für die Forschung zugänglich sind, gilt Lutz als ein literatur- und informatikgeschichtlich bedeutsamer Vertreter früher digitaler Poesie, die lange Zeit fast nur in avantgardistischen Zirkeln diskutiert wurde und kaum den Weg in eine breitere Öffentlichkeit fand. Erst aktuelle Debatten um sogenannte Künstliche Intelligenz (KI) lenken wieder die Aufmerksamkeit auf diese frühen Experimente, die ein faszinierender Mosaikstein der Technik‑, Kultur- und Literaturgeschichte sind.

Funder

Universität Stuttgart

Publisher

Springer Science and Business Media LLC

Subject

Computer Science Applications,Information Systems

Reference23 articles.

1. Amslinger T (2018) Verlagsautorschaft: Enzensberger und Suhrkamp. Wallstein, Göttingen

2. Auer J (2005) Theo Lutz (23.07.1932–31.01.2010): Stochastische Texte (1959). https://auer.netzliteratur.net/0_lutz/lutz_original.html. Zugegriffen: 31. Okt. 2020

3. News BBC (2016) Listening to the music of Turing’s computer. https://www.bbc.com/news/magazine-37507707. Zugegriffen: 1. Nov. 2020

4. Bernhart T (2019) Rul Gunzenhäuser und die Stuttgarter Schule der mathematischen Literaturwissenschaften. In: Albrecht A, Bonitz M, Skowronski A (Hrsg) Max Bense: Werk – Kontext – Wirkung. Metzler, Stuttgart, S 323–335. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04753-3_13

5. Bernhart T (2020) Beiwerk als Werk: „Stochastische Texte“ von Theo Lutz. Editio 34:182–206. https://doi.org/10.1515/editio-2020-0010

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