Abstract
ZusammenfassungZahlenstrahlen und verwandte Darstellungen sind zentrale Arbeitsmittel im Mathematikunterricht ab der Grundschule und als solche, einem breiten Konsens innerhalb der Fachdidaktik folgend, zunächst Lernstoff, ehe sie förderlich für weiteres Lernen werden können. In aktuellen fachdidaktischen Veröffentlichungen des deutschen Sprachraums sind deutlich unterschiedliche, teils einander widersprechende Empfehlungen zur Deutung und, davon abhängend, zur Erarbeitung des Zahlenstrahls zu finden. Studien dazu, welche dieser Empfehlungen in welcher Weise und Häufigkeit und mit welchem Lernerfolg auf Seiten der Kinder im Unterricht umgesetzt werden, fehlen.Zahlreich sind hingegen vor allem neuro- und kognitionspsychologisch orientierte Studien zu einem bestimmten Typus von Aufgaben, die als number line estimation tasks bezeichnet werden. Dabei geht es darum, auf sonst leeren Zahlenstrecken zwischen zwei vorgegebenen Zahlen, zumeist 0 und 100 bzw. 0 und 1000, die zu einer dritten Zahl passende Markierung einzuzeichnen bzw. umgekehrt zu einer Markierung die passende Zahl anzugeben.Der vorliegende Beitrag bemüht sich um eine stoffdidaktische Analyse der Voraussetzungen, die für den erfolgreichen Umgang mit number line estimation tasks erforderlich sind, und um eine begründete Einschätzung des didaktischen Werts solcher Aufgaben für die Entwicklung mathematischer Kompetenzen in der Grundschule. Die daran anschließende Sichtung der weitverzweigten empirischen Forschung zu number line estimation tasks macht deutlich, dass die Ergebnisse der stoffdidaktischen Analyse zumindest nicht im Widerspruch mit den empirischen Befunden stehen, dass aber eine Reihe von Fragen, deren Beantwortung für die Planung von Unterrichtsmaßnahmen zentral sind, weitere empirische Forschung dringlich machen. Einige dieser Desiderate werden abschließend formuliert und zur Diskussion gestellt.
Funder
Libera Università di Bolzano
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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