Author:
Beck-Hiestermann Franziska Marie Lea,Kästner Denise,Gumz Antje
Abstract
Zusammenfassung
Theoretischer Hintergrund
In Reaktion auf die durch die „coronavirus disease 2019“ (COVID-19) verursachte Pandemie konnte Psychotherapie im Einzelsetting in Deutschland unbegrenzt online durchgeführt werden. Haltungen und Erfahrungen von Psychotherapeuten (PT) bezüglich Onlinetherapie (OT) wurden jedoch allgemein und besonders mit Blick auf die Pandemiesituation bislang wenig untersucht.
Ziel der Arbeit
Ziele der Studie waren, 1) die Nutzungshäufigkeit von OT während des ersten Lockdowns, 2) die Zufriedenheit mit OT vs. „Face-to-face“-Therapie sowie 3) die Technologieakzeptanz und -erfahrung insgesamt und in Abhängigkeit vom Richtlinienverfahren zu untersuchen.
Material und Methode
Deutsche PT (approbiert und in Ausbildung; verhaltenstherapeutisch [VT, 45,6 %], tiefenpsychologisch [TP, 34,5 %], analytisch [AP, 14 %], systemisch [SYS, 5,8 %]) wurden mithilfe einer Onlineerhebung zu demografischen und therapeutischen Daten, durchgeführter OT, Zufriedenheit mit OT vs. Face-to-face-Therapie (Zufriedenheitsfragebogens für Therapeuten, ZUF-THERA) und Technologieakzeptanz (Unified Theory of Acceptance and Use of Technology 2 Questionnaire, UTAUT) befragt.
Ergebnisse
Die 174 teilnehmenden Therapeuten (Alter M = 44,73 Jahre, SD ± 12,79; 81,6 % Frauen) gaben an, dass der durchschnittliche Anteil von OT an der gesamten therapeutischen Tätigkeit während des Lockdowns 43,09 % betrug, wobei sich signifikante Unterschiede zwischen den Richtlinienverfahren zeigten (TP, VT > AP). Die Zufriedenheit mit OT erwies sich als signifikant niedriger als mit Face-to-face-Therapien und unterschied sich zwischen den Verfahren nicht. Vorerfahrungen mit OT hatten insgesamt 23,6 % der Therapeuten und vermehrt systemisch arbeitende im Vergleich zu VT- oder AP-Therapeuten. Verhaltenstherapeuten gaben häufiger an, Spaß an der OT zu haben, als TP- und APler. Auch nahmen sie einen stärkeren sozialen Einfluss (beispielsweise durch Kollegen) bei der Nutzung von OT wahr als die TPler.
Schlussfolgerung
Die Nutzungshäufigkeit von OT nahm während des ersten Lockdowns (März bis Mai 2020) sprunghaft zu (43 %, zum Vergleich das frühere Abrechnungslimit der Krankenkassen: 20 %). Die Zufriedenheit mit der OT war prinzipiell hoch, jedoch signifikant niedriger als mit Face-to-face-Therapien. Weiterführende Untersuchungen, die die Gründe im Detail analysieren, werden dringend angeraten.
Funder
Psychologische Hochschule Berlin gGmbH
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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