Abstract
ZusammenfassungHaben Kinder ein Recht auf die Liebe ihrer Eltern? Haben Eltern die Pflicht, ihre Kinder zu lieben? Diese innerhalb der Moralphilosophie kontrovers diskutierten Fragen basieren einerseits auf empirischen, andererseits auf normtheoretischen Argumenten: Umstritten ist erstens, ob Kinder die Liebe ihrer Eltern brauchen, und zweitens, ob Liebe überhaupt ein Recht oder eine Pflicht sein kann. Die Beantwortung beider Fragen hängt allerdings davon ab, welchen Liebesbegriff man zugrundelegt. Um die Frage nach dem deontologischen Status der Elternliebe zu beantworten, möchte ich zeigen, dass Liebe nicht primär ein Gefühl, sondern ein Willensphänomen ist. Versteht man Liebe als wertschätzende und wohlwollende Bejahung des Kindes, sind das kindliche Liebesbedürfnis und die elterliche Liebespflicht kompatibel.Damit weist meine Position sowohl Übereinstimmungen als auch Differenzen zu den bekannten Positionen von Cowden und Liao auf: Wie Cowden behaupte ich, dass Kinder kein Recht auf Liebe haben können, weil es kein Recht auf innerliche Einstellung geben kann. Allerdings haben Kinder ein subjektives Recht auf eine hinreichend gelingende Beziehung zu ihren Eltern, sofern sie durch Handlungen konstituierbar ist. Eltern haben die Rechtspflicht, eine Beziehung zu ihren Kindern zu etablieren, die durch Achtung, Fürsorge und Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist. Anders als Cowden und Liao gehe ich davon aus, dass Eltern die Tugendpflicht haben, sich das Wohlergehen und Glück ihrer Kinder zum Zweck zu setzen und es deshalb nach Kräften zu befördern. Dazu gehört auch, dass sie das Wohlwollen ihren Kindern gegenüber kultivieren sollen. Gelingt ihnen dies nicht aus eigener Kraft, haben sie eine Metapflicht, Hilfe bei Personen zu suchen, die sie darin unterstützen, eine gelingende Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen.
Funder
Technische Universität Berlin
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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