Abstract
ZusammenfassungEtwa drei Viertel des in Deutschland verarbeiteten Polyvinylchlorids (PVC) wird zu Bauprodukten verarbeitet. Aufgrund langer Produktlebensdauern sind die PVC-Abfallmengen aus diesem Sektor aktuell deutlich geringer als die Verarbeitungsmengen. Langfristig ist jedoch mit einem Anstieg der Abfallmengen zu rechnen. Die langen Produktlebensdauern haben auch zur Folge, dass PVC-Abfälle aus dem Bausektor Stoffe enthalten können, die vor mehreren Jahren oder Jahrzehnten in der PVC-Produktion eingesetzt wurden, inzwischen jedoch als problematisch eingestuft sind. Ziel der vorliegenden Studie ist es, schadstoffbedingte Herausforderungen für PVC-Kreisläufe im Bausektor in Deutschland zu identifizieren und anhand eines dynamischen Materialflussmodells zu quantifizieren. Das Materialflussmodell basiert auf einer Analyse regulatorischer Rahmenbedingungen, Literatur- und Datenrecherchen sowie Abfallcharakterisierungen. Anhand der Analyse regulatorischer Rahmenbedingungen wurden etwa 680 Stoffe identifiziert, die in PVC-Anwendungen im Bausektor eingesetzt wurden und werden. Der Einsatz von 188 dieser Stoffe wird durch die EU-POP-Verordnung, REACH oder CLP-Verordnung reguliert. Eine Abfallanalyse ergibt, dass PVC-Altprodukte aus dem Bausektor relevante Konzentrationen an Problemstoffen, wie Blei, Cadmium und DEHP aufweisen. Anhand des dynamischen Materialflussmodells wird für die Anwendungen Profile, Rohre und Bodenbeläge gezeigt, dass derzeit ein Nutzlager von etwa 19,0 Mio. Tonnen PVC besteht. Bis 2050 ist zu erwarten, dass die PVC-Abfälle aus diesen Anwendungen von 246.000 t im Jahr 2022 auf 449.000 t steigen werden. Außerdem zeigt das Materialflussmodell, dass PVC-Abfälle aus dem Bausektor mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Jahr 2050 noch relevante Konzentrationen an Problemstoffen enthalten werden. Um zukünftig eine stoffliche Verwertung dieser Abfälle sowie die Etablierung sauberer Materialkreisläufe zu ermöglichen, sind neue Abfallbehandlungsverfahren notwendig, die auf das Ausschleusen der Schadstoffe abzielen, sodass steigende Recyclingmengenpotenziale ausgeschöpft werden können.
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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