Abstract
ZusammenfassungDer im Zwischenstromland in den Weizenäckern als Unkraut gewachsene Roggen wurde in Europa zur züchtbaren Nutzpflanze und in bestimmten Gegenden zur vorherrschenden Getreidesorte. Mit dem Roggen ist auch sein Parasit, der Mutterkornpilz Claviceps purpurea, nach Europa gekommen. Dieser Schlauchpilz infiziert einzelne Roggenkörner, worauf er das deren Größe übertreffende, die giftigen Ergotalkaloide enthaltende Sklerotium, das Mutterkorn, bildet. Diese Stoffe erzeugen die zwei charakteristischen Krankheitsformen, den Ergotismus gangraenosus und den Ergotismus convulsivus.Das klinische Bild des Ersteren war bereits in der beginnenden Neuzeit und noch ohne Kenntnis der Ursache als „Ignis sacer“, „Antonius-Feuer“ und „Kalter Brand“ bezeichnet worden. Bei dieser fieberfreien Erkrankung meist der Extremitäten zersetzte sich die Muskulatur ohne Blutungen und ohne Schmerzen und bald brachen die muskelfreien Knochen ab. Früher oder später tat der Tod ein. Die frühere Therapie war die Amputation.Der Ergotismus convulsivus, der meist in den deutschen Gebieten als „Kriebelkrankheit“ beschrieben wurde, begann mit dem Gefühl des Ameisenlaufens auf den Gliedern, gefolgt durch das charakteristische Symptom der sehr schmerzhaften Kontrakturen der Hände und Füße. Es kam auch zum Verlust der Sinne und der Sprache und schließlich zum Tod.Die hauptsächliche Aufnahme des Pilzgiftes mit Roggenmehlprodukten, aber auch bei der Gewinnung und Bearbeitung des geernteten Roggens und auch die Frage von „Carry-over“ beim Genuss von tierischen Nahrungsmitteln und Milch werden besprochen. Es wird betont, dass zur Einhaltung der gesetzlichen österreichischen und EU-Höchstwerte an Sklerotien bzw. Ergotalkaloiden in gewissen für die menschliche und die tierische Ernährung bestimmten Getreideprodukten die geschilderten derzeitigen präventiven Maßnahmen vor dem Vermahlen weiterhin notwendig sind.
Funder
Medical University of Vienna
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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