Abstract
ZusammenfassungOnline-Plattformarbeit – auch als „Cloudwork“ bekannt – hat in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum verzeichnet. Entwicklungspolitische Debatten betonen in diesem Zusammenhang die neuen Einkommens- und professionellen Entwicklungschancen für gut ausgebildete, jedoch oft unterbeschäftigte Arbeiter*innen aus Ländern des Globalen Südens. Cloudwork-Plattformen bieten diesen Arbeiter*innen neue Zugänge zu Kund*innen und Aufträgen aus dem Globalen Norden, die in Dollar oder Euro vergütet werden. Gleichzeitig zeigen Studien jedoch, dass Online-Plattformarbeit oftmals mit unsicheren Bedingungen und psychischen Belastungen einhergeht. Dieser Beitrag untersucht die Einkommens- und professionellen Entwicklungschancen von Online-Plattformarbeiter*innen aus dem Globalen Süden im Übersetzungs- und Transkriptionssektor. Er stützt sich auf eine quantitative Online-Befragung mit 401 Plattformarbeiter*innen (darunter 266 aus dem Globalen Süden), die im Jahr 2022 im Rahmen des Fairwork-Projekts durchgeführt wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einkommens- und professionellen Entwicklungschancen von Cloud-Arbeiter*innen durch ihre geographische Verortung und die Art der Arbeitsorganisation auf den einzelnen Plattformen beeinflusst werden. Arbeiter*innen aus dem Globalen Süden mussten im Vergleich zu ihren Kolleg*innen aus dem Globalen Norden mehr unbezahlte Arbeitszeit (z. B. in die Suche nach Jobs) investieren. Trotzdem konnten Arbeiter*innen aus dem Globalen Süden auch unter Einberechnung der unbezahlten Arbeitsstunden eher ein Einkommen über dem lokalen Mindestlohnniveau erzielen – eine Tatsache, die sich durch internationale Unterschiede in den lokalen Lohnniveaus erklären lässt. Unbezahlte Arbeitszeit ist besonders ausgeprägt auf sogenannten „Micro-Task-Plattformen“ im Transkriptionssektor, da hier das Überangebot von Arbeitskräften in der Regel sehr hoch ist. Insgesamt verdeutlicht unser Beitrag die Machtposition von Plattformunternehmen, welche neue globale Geographien der Online-Arbeit hervorbringen und kontrollieren, und damit Chancen für gute Arbeit im Globalen Süden beeinflussen.
Funder
Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Publisher
Springer Science and Business Media LLC