Abstract
ZusammenfassungMit der 2023 in Kraft tretenden Reform des Betreuungsrechts wird der Begriff „Wohl“ aus dem Gesetz gestrichen. Hierdurch soll stärker hervorgehoben werden, dass sich der Betreuer an den subjektiven Wünschen des Betreuten statt an einem objektiven Wohlverständnis orientieren soll. In diesem Beitrag wird ermittelt, welches Verständnis von Wohl das reformierte Betreuungsrecht in Abgleich zu gängigen medizinethisch-philosophischen Auffassungen des Wohls implizit enthält. Indem untersucht wird, in welchem Verhältnis das betreuungsrechtliche und das medizinethische bzw. philosophische Verständnis von Wohl zueinanderstehen, soll die interdisziplinäre Verständigung zwischen Recht und Ethik gefördert werden.In der Begründung zur Reform wird betont, dass dem Betreuungsrecht weiterhin ein subjektives Verständnis von Wohl zugrunde liege. Dieses Verständnis deckt sich jedoch nicht mit philosophischen subjektiven Theorien des Wohlergehens, nach denen nur das zum Wohl einer Person beiträgt, was diese sich wünscht. Das Betreuungsrecht nimmt hingegen an, dass die Befolgung bestimmter Wünsche zu objektiven Schädigungen der Person führen und damit ihr Wohl beeinträchtigen kann. Negative Konsequenzen für das objektive Wohl eines Betreuten sind betreuungsrechtlich insofern relevant, als dass sie eine Grenze für die Befolgung aktueller Wünsche aufzeigen, die auf einem natürlichen Willen basieren und nicht Ausdruck von Selbstbestimmung sind. Dies ähnelt einer hybriden Konzeption des Wohls aus medizinethisch-philosophischer Sicht, nach der grundsätzlich angenommen wird, dass die Befolgung der Wünsche einer Person zu ihrem Wohl beiträgt, während aber auch gewisse objektive Kriterien als relevant für ihr Wohl angesehen werden.
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
Subject
Health Policy,Philosophy,Health (social science),Issues, ethics and legal aspects
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