Abstract
ZusammenfassungDie Forschungs- und Regulierungsebene bei datenintensiver Forschung in der Medizin liegen auseinander. Ein heterogenes Feld aus regulierenden Institutionen mit regional ungleichen Regelungen, sowohl hinsichtlich der Dichte als auch der Restriktivität von Regelungen, steht einer globalen Entwicklung der Technologien entgegen. Trotz oder gerade wegen mangelnder global-gültiger Regulierungen können auch unverbindliche oder nur bedingt verbindliche normative Vorgaben der Orientierung dienen. Doch wie soll eine solche normative Regulierung angesichts datenintensiver Forschung in der Medizin ausgestaltet werden und woran soll sie sich orientieren? Die Frage, wie konkret und detailliert man eine solche Forschung regulieren sollte, lässt sich nur im Einzelfall für bestimmte Situationen und Institutionen beantworten. Ob dabei neue Normen oder Gewichtungen von Normen vorgenommen werden sollen, oder ob die Normen und deren Gewichtung weiterhin bestehen bleiben sollen, lässt sich nur mit Verweis auf starke normative Argumente beantworten. An zwingenden Argumenten für neue Normen angesichts der datenintensiven medizinischen Forschung mangelt es bisher. Dennoch ist eine Umsetzungsarbeit von Normen, egal ob neue oder alte, und deren Anwendung auf eine neue Methode oder Technologie allemal zu erbringen. Es bedarf daher – wie schon bisher – beider: sowohl etablierter und transparent kommunizierter Normen als auch des unabhängigen Urteils zur Anwendung dieser Normen. Angesichts der besonderen Eignung für diese Aufgabe sollten auch weiterhin Ethik-Kommissionen als prozedurale Instanz bei der Bewilligung von datenintensiver Forschung in der Medizin gefordert und befähigt werden, die als unabhängige Institution ein Urteil im Einzelfall anhand vorgegebener Normen fällen. Nichtsdestotrotz können sich die veränderten Praktiken datenintensiver Forschungsprojekte auch in neuen Anforderungen an Ethik-Kommissionen niederschlagen, denen mit Reformen der Arbeitsweise begegnet werden sollte.
Funder
Universitätsklinikum Tübingen
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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