Affiliation:
1. Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie, Kantonsspital St. Gallen
Abstract
Zusammenfassung. Auch im Zeitalter der molekularen Medizin fusst die Diagnostik von myelodysplastischen Syndromen (MDS) auf den visuellen Methoden der Knochenmarksmorphologie und der konventionellen Metaphasen-Zytogenetik. Dies gilt auch für die korrekte Einordnung nach der derzeit gültigen WHO-Klassifikation von 2016 sowie für die Prognosestellung nach dem Internationalen Prognostischen-Scoring-System in seiner revidierten Fassung (IPSS-R). Vor einer Knochenmarkspunktion liefern Anamnese, klinische Befunde und eine Beurteilung des Blutausstriches neben laborchemischen Analysen entscheidende Hinweise zur differentialdiagnostischen Einordnung von Zytopenien. Wird ein MDS vermutet, umfassen die weiteren Untersuchungen eine Aspirationszytologie des Knochenmarks und die Histologie einer Stanzbiopsie, welche zusammen mit dem peripheren Blutausstrich als komplementäre Methoden zur Evaluation des myeloischen Kompartiments der Hämatopoese betrachtet werden sollten, sowie eine konventionelle Metaphasen-Zytogenetik. Diese Basisuntersuchungen können, je nach morphologischen Befunden und klinischer Situation ergänzt werden durch durchflusszytometrische Analysen, Spezialmethoden zum sensitiven Nachweis genomischer Veränderungen auf chromosomaler Ebene (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung [FISH] und Single-Nucleotid-Polymorphismus-[SNP-]Arrays) sowie durch den Nachweis von Mutationen auf DNA-Ebene durch die Analyse myeloischer Genpanels mittels Next-Generation-Sequencing (NGS). Die Mutationsanalyse hat derzeit einen eng umschriebenen Stellenwert in der Diagnostik im Kontext von MDS-Formen mit Ringsideroblasten. Ihre Rolle weitet sich jedoch kontinuierlich aus und es ist zu erwarten, dass der Mutationsnachweis in Zukunft standardisiert zur Diagnosefindung, Risikostratifizierung und nicht zuletzt zur Planung und zum Monitoring der Therapie (Einsatz zielgerichteter Medikamente je nach Mutationsprofil, Monitoring einer minimalen Resterkrankung nach allogener Stammzelltransplantation) eingesetzt werden wird.