Replikationskrise in der präklinischen Suchtforschung und Vorschläge zur Krisenbewältigung

Author:

Spanagel Rainer1

Affiliation:

1. Institut für Psychopharmakologie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI), Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg

Abstract

Zusammenfassung. Fragestellung: Nicht nur die Suchtforschung, die Wissenschaft im Allgemeinen hat ein Problem. Viele veröffentlichte wissenschaftliche Befunde lassen sich nicht replizieren. In der biomedizinischen Forschung tritt das Problem der Reproduzierbarkeit von Daten über das gesamte translationale Kontinuum hinweg auf. Es gibt jedoch zwei große Translationslücken. Zum einen die mangelhafte Übertragbarkeit von Befunden aus den Grundlagen bzw. der präklinischen Forschung in den klinischen Humanbereich und zum anderen die Übertragung von Befunden aus klinischen Studien in die praktische Durchführung im klinischen Alltag. Warum lassen sich die Ergebnisse von tierexperimentellen Befunden häufig so schlecht auf den Menschen übertragen? Spezifische Probleme: Unabhängig vom Forschungsbereich und dem Herkunftsland der Forschung wurden in den letzten Jahrzenten fast ausschließlich positive Resultate veröffentlicht. Dieser positive Publikationsbias trägt zunehmend zu Translationsproblemen bei. Ein weiteres Problem ist die mangelhafte Methodik. Die Genauigkeit, mit der präklinische Daten erhoben und beschrieben werden, und die daraus resultierende Robustheit der Daten sind im Allgemeinen sehr gering. Häufig wird auch übersehen, dass die tierexperimentellen Befunde, die publiziert werden, letztendlich nur eingeschränkt generalisierbar sind. Ein weiteres keineswegs zu unterschätzendes und bislang in der Literatur nicht erörtertes Translationsproblem ist der fehlende Placeboeffekt bei tierexperimentellen Interventionsstudien. Vorschläge: In diesem Positionspapier wird ein 10-Punkte-Katalog erörtert, mit dem sich die Reproduzierbarkeit und Translation von präklinischen Studien deutlich erhöhen ließe. Schlussfolgerungen: Trotz der hier vorgeschlagenen verbesserten Methodik wird es auch in Zukunft immer wieder zu einem Translationsfehler kommen. Entscheidend dabei ist dann die Frage: Warum kam es zu einem Translationsfehler? Die simple Begründung, tierexperimentelle Befunde ließen sich nicht auf den Menschen übertragen, kann so nicht gelten. Denn meist kann durch weitere Forschungsbemühungen und einem kritischen Dialog zwischen Präkliniker und Kliniker eine Erklärung für einen Translationsfehler gefunden werden. Wir können somit aus Translationsfehlern lernen und weiteren Erkenntnisgewinn schaffen. Die Replikationskrise ist nur dann eine Krise, wenn wir für fehlende Replikation keine Erklärung finden.

Publisher

Hogrefe Publishing Group

Subject

Psychiatry and Mental health,Public Health, Environmental and Occupational Health,Medicine (miscellaneous)

Cited by 3 articles. 订阅此论文施引文献 订阅此论文施引文献,注册后可以免费订阅5篇论文的施引文献,订阅后可以查看论文全部施引文献

同舟云学术

1.学者识别学者识别

2.学术分析学术分析

3.人才评估人才评估

"同舟云学术"是以全球学者为主线,采集、加工和组织学术论文而形成的新型学术文献查询和分析系统,可以对全球学者进行文献检索和人才价值评估。用户可以通过关注某些学科领域的顶尖人物而持续追踪该领域的学科进展和研究前沿。经过近期的数据扩容,当前同舟云学术共收录了国内外主流学术期刊6万余种,收集的期刊论文及会议论文总量共计约1.5亿篇,并以每天添加12000余篇中外论文的速度递增。我们也可以为用户提供个性化、定制化的学者数据。欢迎来电咨询!咨询电话:010-8811{复制后删除}0370

www.globalauthorid.com

TOP

Copyright © 2019-2024 北京同舟云网络信息技术有限公司
京公网安备11010802033243号  京ICP备18003416号-3