Affiliation:
1. Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität
Potsdam
2. Sozialpsychologie Universität Potsdam
Abstract
Zusammenfassung
Ziel Die vorliegende Studie vergleicht zwei Arten von therapeutischen
Modellvideos: ein ideales Modell und ein Modell, das Fehler zeigt. Die Idee ist,
dass die bewusste Wahrnehmung von Fehlern eher dabei hilft, ein umfassendes
Verständnis von Gesprächsführungskompetenz aufzubauen als ein idealtypisches
Modell.
Methodik Insgesamt wurden n1=111 Psychologiestudierende und n2=57 Personen
aus der Allgemeinbevölkerung randomisiert einer von zwei Trainingsbedingungen im
Rahmen einer Online-Studie zugeteilt. Während die eine Gruppe in ihrem Training
mit einem positiven Modellvideo ein kurzes, aber kompetentes Gespräch einer
Verhaltenstherapeutin beobachtete, sah die andere Gruppe in ihrem Training ein
gemischtes Modellvideo, das eine Therapeutin mit mittelmäßiger Kompetenz zeigte.
In beiden Trainingsvideos wurde das positive oder negative Verhalten schriftlich
markiert. Vor und nach dem Training bewerteten die Teilnehmenden die Kompetenzen
einer Therapeutin in einer weiteren Gesprächssituation anhand standardisierter
Skalen. Diese Kompetenzbewertungen wurden mit denen von zwei klinischen
Expertinnen verglichen und lieferten so einen Indikator für das konzeptionelle
Wissen der Teilnehmenden über kompetente Gesprächsführung.
Ergebnisse Eine Reihe von ANCOVA-Modellen zeigte, dass die Gruppe, die das
gemischte Modellvideo sah, nach dem Training signifikant weniger von den
Expertinnen abwich als die Gruppe, die das positive Modellvideo sah
(ηp2=0,03–0,10). Allerdings wich die Gruppe, die das positive (vs. gemischte)
Modellvideo sah, nach dem Training auf zwei von drei Kompetenzskalen stärker von
den Expertinnenurteilen ab als vorher (dPrä-Post=0,78–0,82).
Diskussion Insgesamt wurde die Hypothese bestätigt, dass gemischte Modelle
vorteilhaft sind. Die unerwarteten Ergebnisse in der Gruppe mit dem positiven
Modellvideo könnten damit erklärt werden, dass diese einen unrealistisch hohen
Anker setzen, mit dem das spätere Verhalten verglichen wird.
Schlussfolgerung Gemischte Modelle können gegenüber positiven Modellen
einen Vorteil bieten, insbesondere wenn die Modellvideos verhaltensrelevante
Erklärungen enthalten.