Affiliation:
1. Institut für Geschichte der Medizin der
Justus-Liebig-Universität Gießen
2. Institut für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied
Sciences
Abstract
Zusammenfassung
Ziel der Studie Die COVID-19-Pandmie hat die Substitutionsbehandlung vor
große Herausforderungen gestellt. An der oft als restriktiv angesehenen
Rechtsgrundlage (BtM-VV) wurden befristete Änderungen vorgenommen, um
Behandler:innen mehr Spielraum bei der Gestaltung der Therapien zu
gewährleisten. Weitreichende Flexibilisierungen wurden in den Bereichen
Take-Home-Verschreibungen, konsiliarische Behandlung und Delegation vorgenommen.
Zusätzlich wurden neue Vergütungsmöglichkeiten im
Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) geschaffen. Durch
leitfadengestützte Interviews mit substituierenden Ärzt:innen
wurde eine Evaluation der befristeten BtM-VV- und EBM- Änderungen
vorgenommen.
Methodik Im Jahr 2021 wurden 16 qualitative Interviews mit
substituierenden Ärzt:innen aus zehn verschiedenen Bundesländern
in Deutschland geführt. Die Interviewten wurden zu ihren Erfahrungen mit
den Corona-bedingt befristeten BtM-VV- und EBM-Änderungen befragt. Im
Fokus stand dabei, ob die temporären Flexibilitäten dauerhaft in
die post-pandemische Praxis übernommen werden sollten. Der
Interviewleitfaden enthielt zusätzlich Fragen zu strukturellen
Barrieren, Nachwuchsmangel und Stigmatisierung.
Ergebnisse Zur Kontaktreduzierung verlängerte die Mehrheit der
Ärzt:innen Take-Home-Rezepte. In Folge machte nur eine befragte Person
ausschließlich negative Erfahrungen. Insgesamt berichteten die
Ärzt:innen über keine und/oder positive
Veränderungen im Therapieverlauf. Behandler:innen nutzten die meisten
der befristeten Rechts- und Vergütungsänderungen in der
Behandlungsgestaltung. Sie sprachen sich überwiegend für eine
Übernahme der befristeten Regelungen in den post-pandemisch Regelbetrieb
aus. Kontrovers wurden die Änderungen bezüglich der Aufhebung
der Kapazitätsgrenze bei der Konsiliarregelung und der erweiterten
Delegation diskutiert.
Schlussfolgerung Die Ergebnisse sprechen für die Übernahme
der befristeten BtM-VV- und EBM-Änderungen in den post-pandemischen
Regelbetrieb. Die Flexibilisierungen erleichtern die Anpassung der Therapie an
individuelle Umstände der Behandler:innen und Patient:innen. Dies
könnte dazu beitragen, die derzeitigen Versorgungsengpässe zu
entschärfen und mehr Menschen mit Opioid-Abhängigkeit eine
qualitativ hochwertige Substitutionstherapie anbieten zu können. Eine
Untersuchung und Beseitigung struktureller Barrieren darf bei der Ein- bzw.
Fortführung erweiterter Handlungsspielräume nicht vergessen
werden. Da gesetzliche Flexibilisierungen zwangsläufig mehr
Verantwortung auf die einzelnen Ärzt:innen übertragen, sollte
eine verstärkte Unterstützung durch Schulungen und Vernetzung
angeboten werden.
Subject
Psychiatry and Mental health,Applied Psychology
Cited by
2 articles.
订阅此论文施引文献
订阅此论文施引文献,注册后可以免费订阅5篇论文的施引文献,订阅后可以查看论文全部施引文献