Affiliation:
1. Stiftung Universität Hildesheim, Institut für
Psychologie, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie,
Hildesheim
2. Dr. Fontheim Mentale Gesundheit, Liebenburg
3. Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, Abteilung
Rehastrategie, Laatzen
Abstract
Zusammenfassung
Ziel der Studie Die vorliegende Studie untersucht vergleichend Versicherte
mit moderatem und hohem Erwerbsminderungsrisiko der Deutschen Rentenversicherung
Braunschweig - Hannover (DRV BS-H), die mittels des Risikoindex
Erwerbsminderungsrente (RI-EMR) identifiziert wurden. Die Versichertengruppen
werden hinsichtlich ihrer Inanspruchnahme eines telefonischen Beratungsangebots
beschrieben. Die Auswertung der an der gleichen Stichprobe erfolgten
Fragebogenerhebung beschreibt die gesundheitliche und berufliche Lebenssituation
der Versichertengruppen, zeigt Bedarfe hinsichtlich
Rehabilitationsmaßnahmen auf und gibt Implikationen für die
Praxis.
Methode Es handelt sich um eine Querschnittstudie. Die Teilnehmer
generierten sich aus einer Zufallsstichprobe der Gesamtversicherten der DRV
BS-H. 1778 Versicherte wurden mit dem Angebot zur Inanspruchnahme eines
telefonischen Beratungsgesprächs und zwecks Teilnahme an der
Fragebogenerhebung angeschrieben. Der Fragebogen erfasste u. a.
Beschwerden und Beeinträchtigungen der Versicherten durch
Kontextfaktoren nach ICF. Erwerbstätige wurden zu ihren Belastungen am
Arbeitsplatz befragt, nicht-Erwerbstätige zu ihrer Motivation zur
Rückkehr in die Erwerbstätigkeit (RTW). 157 (9,8%) der
erreichten Versicherten antworteten auf das Angebot des
Beratungsgesprächs, 391 (24,5%) nahmen an der Fragebogenerhebung
teil. Die durchgeführten Beratungen wurden deskriptiv ausgewertet. Die
Fragebogendaten wurden vergleichend analysiert (ANOVA, χ2-Test).
Ergebnisse Das Angebot des telefonischen Beratungsgesprächs konnte
weniger zielführend umgesetzt werden als erwartet. Versicherte mit hohem
RI-EMR zeigten vergleichsweise deutliche psychische Beschwerden sowie
Belastungen und Beeinträchtigungen durch Kontextfaktoren.
Nicht-erwerbstätige Versicherte beider Risikogruppen zeigten sich
bezüglich einer möglichen Rückkehr in die
Erwerbstätigkeit mehrheitlich im motivationalen Stadium der
Absichtsbildung.
Schlussfolgerung Dem grundsätzlichen Ziel des frühzeitigen
Einsatzes von Hilfsangeboten für prognostisch
teilhabeeingeschränkte Versicherte steht das Problem gegenüber,
dass bei der Anwendung der Routinedaten der DRV und somit des RI-EMR
Verzögerungen entstehen. Es gilt zu diskutieren, inwiefern
Sozialleistungsträger zukünftig besser zusammenarbeiten
können, um ihre Versicherten frühzeitiger zu erreichen. Die
Passung bestehender Angebote zur Verbesserung der Teilhabe unter den gegebenen
teils komplexen Problemlagen der Versicherten aber auch mit Blick auf die
bestehende Motivationslage sollte differenziert betrachtet werden.