Affiliation:
1. Poliklinik für Kieferorthopädie, Zentrum für seltene Erkrankungen, Uniklinik Köln
Abstract
ZusammenfassungDer vorliegende Artikel erklärt den Zusammenhang von Dysfunktion und Dysgnathie am Beispiel von kranio- und orofazialen Fehlbildungen. Einerseits verhindert eine gestörte Form eine normale Funktion: bei Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte beeinträchtigt die gestörte Morphologie Aussprache, Gehör, Zahn-/Kieferstellung, Ästhetik und soziales Verhalten. Die Rekonstruktion der gespaltenen Strukturen, d. h. der Form, steht im Zentrum der Rehabilitation und stellt eine wichtige Voraussetzung für das Erlangen einer ungestörten Funktion dar. Andererseits verschlechtert eine gestörte Funktion die Form: die Einlagerung der Zunge in den Spaltbereich verhindert ein sich Annähern der Spaltsegmente. Eine Gaumenplatte normalisiert die Zungenfunktion und durch gezieltes Einschleifen der Apparatur wird das Wachstum der Spaltsegmente gesteuert. Ausgeprägte Atemstörungen können bei Neugeborenen mit Pierre-Robin-Sequenz lebensbedrohlich sein. Eine modifizierte Gaumenplatte verhindert die Glossoptose und sichert den Atemweg; über die Normalisierung der Funktion wird, bei angeborener mandibulärer Retrognathie, ein koordinierter Ablauf von Ober- und Unterkieferwachstum ermöglicht. Das Zusammenspiel zwischen Form und Funktion zeigt sich in der Verstärkung der Dysmorphie durch Dysfunktion, aber auch in der wechselseitigen Verbesserung während der sehr frühen Therapie. Übertragen auf Patienten ohne angeborene Fehlbildung erklärt sich, weshalb gewisse Dysgnathien früh behandelt werden sollten.
Subject
General Materials Science