Vergeschlechtlichte Körper

Author:

Bawa Seema

Abstract

Der Beitrag spürt ausgewählten jüngeren historiografischen Trends nach, die sich auf die Wiederherstellung und Interpretation westlicher kolonialer Gelehrsamkeit konzentrieren, die ein Bild der indischen Geschichte im Allgemeinen und der indischen Kunst im Besonderen als »minderwertig« in technischer, ästhetischer und sogar »moralischer« Hinsicht entworfen hat. Dies prägt nicht nur die Meinungen über die unterworfene Nation, sondern auch die thematischen und chronologischen Präferenzen der frühen Archäologen und Kunsthistoriker. Sie bevorzugten als Arbeitsfeld die »graeco-buddhistische« Kunst, während die frühmittelalterliche Kunst und Architektur eher vernachlässigt wird. Die vorgebrachten Argumente wurden häufig um das Bild einer »weibischen« (effeminate), schwachen, rückständigen, abergläubischen indischen Zivilisation konstruiert, die von ihrem kräftigen, männlichen, rationalen, westlichen Gegenstück kontrolliert und reguliert werden sollte. Diese Kategorisierungen wurden häufig mit dem Verweis auf kulturelle Produktionen begründet. Der Beitrag zeigt, wie abweichende Vorstellungen von Sexualität und Moral propagiert wurden, um die angebliche Minderwertigkeit der indischen Kunst und Kultur herauszustellen. Die nationalistische Antwort auf diesen Diskurs war oft ähnlich aufgebaut, nur dass sie Argumente über die relative und kompensatorische Vitalität und Männlichkeit von Darstellungen vorbrachte. Noch ab der Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich ein spirituell-feministischer Diskurs, der einen positiven Entwurf des sexualisierten weiblichen Körpers als Repräsentation von Fruchtbarkeit und schöpferischer Kraft in den Vordergrund stellte, als ob das Argument umgekehrt werden sollte. Im Rahmen der Entkolonialisierung der indischen Kunst und ihrer Geschichte gewinnt jedoch noch eine andere Stimme Gewicht; sie behauptet die Gültigkeit der vormodernen indischen Weltsicht, in der nicht nur Dharma, sondern auch Artha und Kama (Begehren) positiv gewertet werden. Aus dieser Perspektive werden auch die sexualisierten weiblichen und männlichen Figuren in den größeren Kontext einer »indischen« Tradition eingeordnet, während die verschiedenen Stimmen, die eine »Verweiblichung« diskutieren, erneut infrage gestellt werden.

Publisher

Psychosozial-Verlag GmbH and Co. KG

Subject

General Medicine

Reference60 articles.

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