Abstract
Die Fähigkeit, sich von Spannung zu befreien und den Verstand umherwandern zu lassen, ist einer der Grundpfeiler der Psychoanalyse. Wenn diese Fähigkeit beeinträchtigt ist, werden die Gründe dafür meistens in besonderen und spezifischen Hemmungen gesehen: Dabei wird nicht die Fähigkeit zur Spannungsfreiheit als beeinträchtigt angesehen, sondern lediglich der Zugriff auf diese Fähigkeit in einer besonderen Hinsicht. Anders als in dieser herkömmlichen Betrachtungsweise meint Winnicott, dass die Fähigkeit zur mentalen Spannungsfreiheit eine Entwicklungserrungenschaft ist und ein gesichertes Gefühl von Integration voraussetzt. Der vorliegende Aufsatz untersucht diese Dynamik. Er stellt heraus, wie ein integrales Selbst-Gefühl aus einer primären Nicht-Integriertheit erwächst, und erläutert, wie ein gut etabliertes Selbst-Gefühl die Fähigkeit zur Spannungsfreiheit begründet; er unterstreicht die zentrale Rolle der spannungsfreien Unintegriertheit im Alltag und in der analytischen Situation.
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