Solidarität als soziale Schuld

Abstract

Solidarität bleibt - im Vergleich zu Freiheit und Gleichheit - ein verhältnismäßig wenig theoretisierter und historisierter Begriff. Der Beitrag rekonstruiert Solidarität als »soziale Schuld« im Rückgriff auf den derzeit viel rezeptierten französischen Solidarismus. Diesem Verständnis sind, so die vorliegende These, genau dann Grenzen aufgezeigt, wenn der Solidaritätsbegriff in seinem konzept- sowie kolonialhistorischen Kontext verortet wird. Zuerst wird der Solidaritätsbegriff anhand der zentralen Figur des Solidarismus, Léon Bourgeois, dargestellt und ideenhistorisch eingeordnet. Anschließend folgt, darauf aufbauend, eine konzeptuelle Kritik an der solidaristischen Engführung von Schuld und Solidarität. Abschließend werden neue Forschungsperspektiven skizziert, indem dieser Solidaritätsbegriff in den Zusammenhang nicht der Sozial- sondern der Kolonialpolitik gesetzt wird.