Abstract
ZusammenfassungDieser Beitrag analysiert digitale Geheimdienstüberwachung als Phänomen transnationaler Ordnungsbildung. Diese geht im Sinne von Pierre Bourdieus Feldbegriff einher mit der Herausbildung einer relativen Autonomie und symbolischer Herrschaft, also der Durchsetzung legitimer Deutungen. Mit einer konzeptionellen Differenzierung doxischer (unbestrittener) und orthodoxer (umstrittener) Formen symbolischer Herrschaft lässt sich eine Antwort darauf formulieren, warum digitale Überwachung trotz, und teilweise durch ihre Kontestation so gut funktioniert, ohne dabei den Wandel von Überwachungsdebatten zu vernachlässigen. Illustriert wird dieser Wandel anhand der Unterscheidung zwischen inländischer und ausländischer Kommunikation im Feld Signals Intelligence (Sigint). Die Inland-Ausland Unterscheidung wird im post-Snowden Diskurs aufgebrochen, aber nicht aufgelöst. Sie wird von einer stillen Form symbolischer Herrschaft in eine streitbare transformiert, also von einer durch Schweigen akzeptieren Selbstverständlichkeit (Doxa) zur herrschenden Meinung (Orthodoxie), der ein heterodoxer Bürger- und Menschenrechtsdiskurs gegenübersteht. Die politische Soziologie transnationaler Geheimdienstüberwachung soll sowohl zum Verständnis von Überwachung als auch zu einer neuen Betrachtungsweise von Macht und Herrschaft in der digitalen Konstellation beitragen. Die vorgeschlagene Feldperspektive ermöglicht zudem das Nachdenken über die von Regierungen relativ unabhängige, regelsetzenden Macht von Geheimdiensten, ohne dabei auf die Idee eines ‚deep state‘ zurückzugreifen.
Funder
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
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