Author:
Wangler Julian,Jansky Michael
Abstract
Zusammenfassung
Hintergrund
Unter Verbraucher*innen verzeichnen rezeptfreie Medikamente, sog. Over-the-counter-Produkte, eine große Nachfrage und sind in der Werbung prominent vertreten. Während die Bedeutung rezeptfreier Medikamente in gesundheitsökonomischen Zusammenhängen relativ gut erforscht ist, fehlt es an belastbaren Untersuchen, die Einstellungen, Zuschreibungen und Nutzungsgewohnheiten bei Patient*innen in den Blick nehmen.
Ziel der Arbeit
Anknüpfend an eine vorangegangene quantitative Wartezimmerbefragung von 900 hausärztlichen Patient*innen, verfolgte die vorliegende qualitative Studie das Ziel, Patient*innen mit regelmäßiger OTC-Nutzung im Hinblick auf Einstellungs- und Nutzungsmuster zu klassifizieren.
Material und Methoden
Die Studie basiert auf 42 qualitativen Einzelinterviews mit hausärztlichen Patient*innen, die zwischen Februar und Mai 2023 durchgeführt wurden. Im Zuge der Auswertung kam eine qualitative Typenbildung nach Kluge zum Einsatz.
Ergebnisse
Es konnten vier Typen von OTC-Nutzer*innen identifiziert werden. Erstens sind Patient*innen vertreten, die rezeptfreie Medikamente ähnlich wie rezeptpflichtige Produkte sehen und prinzipiell die ärztliche Rückbindung suchen. Zweitens gibt es Patient*innen, die in bestimmten, schmalen Anwendungskorridoren einen ausgeprägten Umgang mit OTC-Produkten pflegen, weil diese ihnen aus familiären und langjährigen Nutzungsroutinen heraus bekannt sind. Drittens neigt ein Teil der Interviewten zur verbreiteten Anwendung von rezeptfreien Medikamenten zu prophylaktischen und leistungssteigernden Zwecken. Viertens fallen Patient*innen auf, die OTC-Medikamente als Schlüssel zu einer reinen Selbstmedikamentierung auffassen und auf die weitgehende Vermeidung von Arztbesuchen abzielen.
Schlussfolgerung
Es konnten Befunde aus der Voruntersuchung bestätigt, aber auch weiterführende Erkenntnisse gewonnen werden. Angesichts der leichten Verfügbarkeit rezeptfreier Medikamente und ihrer Präsenz in der Werbung ist es wichtig, dass bei Patient*innen eine realistische Vorstellung von den Möglichkeiten und Risiken von OTC-Produkten gegeben ist. Hierbei spielt neben der Beratung durch Apotheker*innen die vertrauensvolle, langjährige Begleitung durch Hausärzt*innen sowie ihre kontinuierliche Informations- und Beratungstätigkeit eine zentrale Rolle. Ebenfalls kommt es darauf an, Kampagnen zur öffentlichen Gesundheit zu stärken.
Funder
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Publisher
Springer Science and Business Media LLC