Author:
Nkongolo Shirin,Hollnberger Julius,Urban Stephan
Abstract
ZusammenfassungDie Blockade des Zelleintritts von Krankheitserregern ist ein geeigneter Ansatz, um Neuinfektionen zu verhindern. Der therapeutische Einsatz von Eintrittsinhibitoren bei chronisch infizierten Patienten war jedoch bisher nur begrenzt erfolgreich. Zur Behandlung von chronischen Hepatitis-D-Virus-(HDV-)Infektionen wurde im Juli 2020 mit Bulevirtide (BLV) ein vielversprechender Wirkstoff bedingt zugelassen, der auf diesem Wirkprinzip beruht. Zuvor hatten für HDV keine gezielte Medikation zur Verfügung gestanden und die Behandlung beruhte auf dem Off-Label-Einsatz von Interferon-Alpha/Peginterferon-Alpha (IFNα/Peg-IFNα). In diesem Beitrag wird ein Überblick über die Grundlagen des Wirkmechanismus von BLV gegeben und bisher vorliegende klinische Daten werden zusammengefasst.Eine HDV-Infektion manifestiert sich als Ko- oder Superinfektion bei Hepatitis-B-Virus-(HBV-)Infektionen und betrifft 4,5–15 % der HBV-Patienten weltweit. HDV nutzt die Hüllproteine von HBV zur Verbreitung. BLV wirkt, indem es den HBV/HDV-Rezeptor natriumtaurocholat-co-transportierendes Polypeptid (NTCP) blockiert und so den Eintritt von HBV/HDV in Hepatozyten verhindert. BLV senkt die HDV-Serum-RNA-Spiegel und führt bei HBV/HDV-infizierten Personen zur Normalisierung der Alanin-Aminotransferase-(ALT-)Werte. Es hat ein ausgezeichnetes Sicherheitsprofil, selbst wenn es über 48 Wochen in hohen Dosen (10 mg täglich) verabreicht wird. In Kombination mit Peg-IFNα zeigt BLV synergistische Effekte auf die Senkung der HDV-RNA im Serum, aber auch auf die Hepatitis-B-Oberflächenantigen-(HBsAg‑)Spiegel. Dies führte bei einer Untergruppe von Patienten zu einer funktionellen Heilung, wenn 2 mg BLV plus Peg-IFNα verabreicht wurden. Der Mechanismus dieser wahrscheinlich immunvermittelten Eliminierung wird in Folgestudien untersucht.
Funder
Universitätsklinikum Heidelberg
Publisher
Springer Science and Business Media LLC
Subject
Public Health, Environmental and Occupational Health