1. De caelo II 14; 297a 30–297b 14.
2. E. Wohlwill, Die Entdeckung des Beharrungsgesetzes, [in:] „Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft“ XV, 1884, 81 – 83. Diesen Stand der kosmologischen Reformation, die Tagesrotation der Erde im Zentralpunkt, hatte Celio Calcagnini in Ferrara schon um 1520 erreicht. Aber der übergang von der geozentrischen zur heliozentrischen Konstruktion wird durch diesen „Fortschritt“ geradezu behindert, solange die Annahme der Beharrung in der Rotation an die der Mittelpunktlage gekoppelt bleibt, also Rotation Revolution auschliesst. Es ist daher äusserst wichtig zu sehen, dass Kopernikus seinen Weg gerade nicht primär über die Lösung der Frage der Tagesbewegung genommen hat.
3. Diese These habe ich zuerst ausgesprochen und begründet in Kopernikus im Selbstverständnis der Neuzeit (Abh. d. Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Geistes- und sozial-wiss. Kl., Jg. 1964, Nr. 5, 355 Anm.).
4. Nach der Aufzeichnung von Gottlieb Gamauf (Erinnerungen aus Lichtenbergs Vorlesungen über Astronomie, Wien und Triest 1814, 94–97) hat Lichtenberg die Folge der überlegungen des Kopernikus folgendermassen dargestellt: „Copernicus ging in Ansehung der Bewegung der Erde, sowohl um ihre Axe als um die Sonne, von einem der grössten und kühnsten Gedanken aus, den der Mensch je gewagt hat, von dem Gedanken: nicht bloss der Halbmesser unserer Erdkugel, sondern auch die Distanz derselben von dem Mittelpunkt der Welt — in welchen er nachher die Sonne legte — sey in Vergleichung mit der Distanz der Fixsterne ein unmerklicher Punkt, ein blosses Nichts“. Kopernikus sei zu dieser Annahme durch die elementare Tatsache gekommen, dass der Horizont für jeden Beobachter die Sphäre genau halbiert, was nur daraus resultieren könne, dass die Grösse der Erde die eines blossen Punktes Sci. „Nun dachte er weiter: Sollten wohl alle die grossen Himmelskörper sich um den einzigen unbedeutenden Punkt unserer Erde herumdrehen; sollte dies vollends mit der ungeheuren Himmelskugel jede 24 Stunden einmahl geschehen? Dass die tägliche Bewegung blos scheinbar sey und durch die Umdrehung der Erde um ihre Axe bewirkt werde, drang sich ihm so gleich unwiderstehlich auf; und bald geschah es auch so mit der jährlichen Bewegung“. Hier erst lässt Lichtenberg die Erwägung Platz greifen, dass die Bahnen von Merkur und Venus monströse Schwierigkeiten bereiten, wenn man sie über oder unter der Sonnenbahn ansetzt, statt sie um die Sonne kreisen zu lassen. „Das that er denn. Eben so liess er ferner Mars, Jupiter und Saturn gleichfalls um die Sonne als den Mittelpunkt ihrer Bahnen laufen“. Bis hierher hat Lichtenberg das regressive System des Tycho Brahe als Vorstufe des kopernikanischen Endausbaus rekonstruiert, wohl indem er Kopernikus die Hauptsorge des dänischen Astronomen unterstellt, nämlich an der geozentrischen Struktur um jeden Preis festzuhalten. Nur das ärgernis des leeren Raumes, der bei dieser Konstruktion zwischen den Bahnen von Venus und Mars bleibt, soll zum letzten Schritt geführt haben, in diesen Raum die Bahn der Erde um die Sonne zu legen. „Und so stand dem nun sein herrliches Gebäude symmetrisch und ordnungsvoll da und wird da stehen bis an das Ende der Zeiten“.
5. Revolutiones I 8.